Inhalt
Am Ufer des Aasees wird die zerstückelte Leiche einer Frau in Plastiktüten gefunden, nur der Kopf fehlt. Der Zustand der Leiche macht eine Identifizierung schwierig, nur eine Kreuzbandoperation könnte ein möglicher Hinweis sein. Nach der eingehenden Untersuchung steht für Boerne fest: hier versucht jemand den legendären Rohrbach-Mord aus den 50er-Jahren zu kopieren. Damals war die Frau des Opfers verdächtig, doch eindeutig erwiesen war dies nie. Bis auf die Tatsache, dass es sich in diesem Fall um ein Frauenopfer handelt, stimmen die Details bis hin zum Mageninhalt erschreckend überein.
Unerwartete Hilfe bekommt Thiel von der jungen Laura Schrott, die ihre Freundin Solveig Helmhövel für vermisst erklärt und den schrecklichen Verdacht hat, dass es sich bei ihr um die Aasee-Leiche handeln könnte. Dafür würde zumindest die Kreuzbandoperation sprechen. Solveigs Mann Sigbert, der eine Buchhandlung in der Innenstadt besitzt, widerspricht dem jedoch und behauptet, seine Frau sei auf Madeira im Urlaub. Als Thiel im besagten Hotel anruft, erreicht er sie zwar nicht, doch ihre Ankunft wird ihm vom Personal bestätigt.
Eine neue Option tut sich auf, als plötzlich ein russischer Geschäftsmann auftaucht und behauptet, dass es sich bei der Leiche nur um seine Frau Olga handeln kann, die zu einer Nachuntersuchung nach ihrer Kreuzband-OP nach Deutschland gekommen und seither verschwunden sei. Oleg Buykov identifiziert die Leiche in der Pathologie eindeutig als seine Frau und beschuldigt verfeindete Landsleute der Tat, während Helmhövel vehement ablehnt, dass es sich um seine Frau handeln könnte.
Trotzdem bleibt Thiel skeptisch, vor allem als plötzlich auch noch der Kopf der toten Laura Schrott an den Stadthausturm gebunden wird. Staatsanwältin Klemm wird allmählich nervös, denn sie weiß, dass der Täter mit Absicht diesen heiklen Fall aufgegriffen hat, um die Polizei vorzuführen. Ein Versagen kann sich niemand leisten.
Da trifft sie plötzlich auf ihre alte Schulfreundin Monika Hanke-Helmhövel, Sigberts Schwester, die mit ihren Andeutungen den Eindruck erweckt, als wüsste sie mehr über die ganze Geschichte. Ist ihr Bruder womöglich doch tiefer in all das verstrickt?
Um nicht als befangen zu gelten, möchte Wilhelmine Klemm nicht persönlich auf den Hof von Monika hinausfahren und schickt stattdessen Boerne. Doch als dieser dort ankommt, macht er eine unangenehme Entdeckung.
von Jolli
Gastdarsteller
- Rosel Zech
- Karl Kranzkowski
- Dirk Schoedon
- Mark Zak
- Tanja Schleiff
- Marvin Gronen
- Jochen Kolenda
- Marina Weis
- Therese Dörr
Jolli meint:
Schon lange warte ich darauf, dass diese Folge mal wieder im Fernsehen wiederholt wird. Mehr denn je wird die Episode mit der Stadt Münster verknüpft, indem man auf einen realen Mordfall zurückgreift, der in die Stadtgeschichte einging.
Die Anspielung auf Münster als Fahrradhauptstadt mit der dazugehörigen Diebstahlrate wird ebenfalls Teil der Geschichte, als ausgerechnet der entscheidende Hinweis von einem Kleinkriminellen kommt, den Thiel zuvor beim Fahrradklau erwischt hat.
Mit der Art, wie die Leichen behandelt werden, sorgt man noch für den nötigen Ekel-Effekt und die ungewohnt tief involvierte Staatsanwältin beweist, wie tief der Sumpf der Kriminalität in einer Stadt sein kann, in der ein dichtes Beziehungsnetz unter den Einwohnern besteht. Episoden wie diese sind es, die vermutlich Kritiker auf den Plan rufen, die behaupten, Münster würde durch solche Geschichten kriminalisiert. Stattdessen finde ich, dass es genau diese Fälle sind, die die Zuschauer zu fesseln wissen und die die dazugehörige Portion knallharten Humor liefert.
Auch eine sonst so taffe Staatsanwältin kann sich diesem Sumpf nicht entziehen und Boerne gerät dabei selbst in die Schusslinie. Bereits sein erster Besuch auf dem Hof von Monika Hanke geht für den Professor schmerzhaft aus. Noch ist man sich nicht sicher, wie man Monika und ihren intelligenzschwachen Knecht bewerten muss; ob sie wirklich etwas mit den Morden zu tun haben, oder ob sich Boerne in eine aufkommende Panik hineinsteigert, für die er sich dann ja sogar aus dem Fenster wirft.
Dass Thiel und die anderen seinen doch recht verstörten Zustand nicht nachvollziehen können, weckt beim Zuschauer eigene Zweifel und gleichermaßen ein gewisses Mitgefühl für den missverstandenen Boerne. Mir persönlich gefällt die Stelle, als er beleidigt mitten im Nirgendwo aus dem Auto aussteigt, nur weil er das Geschwätz von Thiel und Klemm nicht mehr ertragen kann.
Aber Boerne gibt nicht auf, seinen Standpunkt zu verteidigen, und das ist ein bedeutender Wesenszug des Charakters. Als er sich dafür sogar in eine Kartoffelklaubmaschine wirft, demonstriert er, wie weit er dafür geht, andere auch mit makaberen Methoden zu überzeugen. Thiels Reaktion, der in Panik glaubt, Boerne wäre wirklich in Gefahr und anschließend wütend reagiert, als sich herausstellt, dass ihn der Professor nur vorgeführt hat, ist sehr verständlich, spricht aber auch für das inzwischen doch eng verbundene Freundschaftsverhältnis zwischen den beiden.
Eine wirklich gut gelungene Münster-Tatort-Episode, skurril und schräg, aber genau das lieben die Zuschauer daran. Jan zeigt eine super Leistung, auch wenn ich das Gefühl nicht loswurde, dass er ganz schön verschnupft war.
Kann ich jedem nur empfehlen.
Gabi meint:
Ein merkwürdiger, verwickelter Fall; falsche Spuren, münsteraner Beziehungsgeflecht, enttäuschte Liebe, es ist teilweise etwas mühsam, dem allem noch zu folgen, und Boerne immer mittendrin. Er bekommt diesmal besonders viel ab, wird mit der Schrotflinte durch die Nacht gejagt, holt sich ein zerfetztes Hemd und gefährlich aussehende Schnittwunden in der Kartoffelklaubmaschine und läßt es sich dennoch nicht nehmen, höchstpersönlich das letzte Beweisstück aus der Kanalisation zu bergen. Dennoch stiehlt ihm die wunderbare Rosel Zech als Monika Hanke-Helmhövel beinahe die Show. Schon ihretwegen ist die Folge ein Muß. Der Rest ist typisches Münster-Szenario mit allen einschlägigen Elementen: Zwergenwitze, Kiffervater, Waschkeller und was sonst dazugehört. Sehenswerte Folge.
5. Dezember 2017 um 14:09
Ich habe mir diese Folge gestern aus der DVD Box das erste mal ausgewählt. Von den Folgen, die ich bislang gesehen habe mit Sicherheit eine der besten. Ich war begeistert. Interessante Handlung, viele Verstrickungen und überraschende Wendungen. Dabei verliert man nie den Überblick, weil die Struktur nicht verloren geht. Die persönliche Involviertheit von Staatsanwältin Klemm und das Thema verborgene homosexuelle Neigungen bei Monika Hanke-Helmhövel macht es noch einmal interessanter. Der übliche Wortwitz ist vorhanden, ohne dabei zu übertreiben oder ausfallend, unpassend zu sein. Der Bezug zur Realität, zur realen Handlung geht nicht verloren. Die üblichen Hauptakteure Thiel, Boerne und Alberich sind gut ausgeprägt, Nadeshda und Vaddern spielen ihre Nebenrollen auch gewohnt sicher, unauffällig. Wilhelmine Klemm zeigt sich von einer anderen Seite, die sie noch interessanter, sympathischer macht. Bei allem Lob für das Münsteraner Team überragt doch die großartige Rosel Zech als Monika Hanke-Helmhövel alle. Sie ist einfach genial und zeigt eine hohe Schauspielkunst. Einzig das Ende hätte ich ein klein wenig anders gestaltet. Der Kopf in der Kanalisation. Ansonsten wirklich nahezu PEFEKT.
5. Dezember 2017 um 14:28
Eine Frage an die Admins. Ihr kennt doch den Charakter Boerne viel besser als ich. Am Ende fragt er in den Raum: „Sind sie in Ordnung?“ Meint er damit Wilhelmine Klemm oder Monika Hanke-Helmhövel. Ich hatte den Eindruck er meint Monika Hanke-Helmhövel. Wobei dann die Frage da ist, warum er sie das fragt, obwohl sie ihn umbringen lassen wollte.
6. Dezember 2017 um 23:54
Eine gute Frage, die ich mir auch schon gestellt habe. Aber eine wirkliche Idee dazu habe ich nicht; außer, dass Boerne manchmal ein klein wenig trottelig sein kann. Zumindest der liebenswerte Boerne der frühen Folgen. In zu vielen Episoden der letzten Jahre würde ihm so etwas nämlich nicht mehr passieren. *seufz*
8. Dezember 2017 um 19:09
Das habe ich mir auch die ganze Zeit überlegt. Vielleicht ist es auch einfach sein Herz für starke Frauen, selbst wenn es sich um Mörderinnen handelt. Monika Hanke-Helmhövel die Psychopathin, die gleichzeitig ein Feingeist ist, seine Liebe zur Oper, zum guten Wein teilt und sehr gebildet ist. Sie fasziniert ihn. Allerdings, ob die Faszination noch Bestand haben sollte, wenn sie einen erschiessen lassen will, ist fraglich. Ich gebe Dir aber vollkommen recht. Diese liebenswerte Gefühlsregung fehlt in den meisten der letzten Folgen. Ein Szene wie die, als er den Riesen Calmund angreift und mit der Taschenlampe nieder schlägt, ist ihn den neuen Folgen leider nicht mehr möglich.