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Tatort – ‚Wolfsstunde‘ (2008)

5 Kommentare

Inhalt

Tatort Wolfsstunde (4)Ein schrecklicher Mord setzt Thiel ganz schön zu. Eine junge Frau wurde über Stunden hinweg vergewaltigt und dann erwürgt. Thiel vermutet, dass der Täter über den Balkon in die Wohnung gestiegen ist, doch mit dieser Meinung steht er ziemlich allein da. Klemm und Boerne glauben an eine Beziehungstat und verdächtigen André Pütz, den Exfreund der Toten. Dieser war auch nachweislich in der Wohnung des Opfers, aber Thiel glaubt noch immer nicht, dass er der Mörder gewesen war.

Er untersucht ältere Fälle von Vergewaltigungen, um ein Muster zu erkennen und fürchtet, einem Serientäter auf der Spur zu sein. Als dieser Verdacht an die Öffentlichkeit dringt, bricht in Münster genau die Panik aus, die die Staatsanwältin eigentlich vermeiden wollte.
Thiel befragt dennoch ein mutmaßliches Opfer. Laut den Akten wurde vor 6 Monaten auch bei Anna Schäfer über den Balkon eingebrochen und Nachbarn hätten die Stimme der Frau und die eines Mannes gehört. Doch bei der Befragung will Anna von solchen Dingen nichts wissen und behauptet, dass sie gar nicht zu Hause gewesen war, als der Einbruch stattfand.

Auf Thiel wirkt die Frau sehr verschlossen, doch er spürt auch, dass sie vor etwas Angst hat. Auf eigenartige Weise fühlt er sich zu ihr hingezogen und bringt sie schlussendlich sogar dazu, ihm zu vertrauen. Sie gesteht, dass sie damals tatsächlich von einem Unbekannten vergewaltigt wurde.
Thiel fühlt sich in seiner Theorie eines Serientäters bestätigt, kann Anna aber vorerst nicht dazu bringen, ihre Aussage offiziell zu machen.

Boerne und der Rest der Mordkommission fahnden weiterhin nach Pütz und spüren ihn schließlich sogar auf. Durch seine Arbeit als Reporter in Krisengebieten ist er jedoch völlig traumatisiert und hat Erinnerungsaussetzer. Thiel zweifelt mehr denn je, dass er der Täter gewesen sein könnte, aber er kann seine Unschuld auch nicht zweifelsfrei belegen. Auf Unterstützung von Boerne kann Thiel jedenfalls nicht zählen, also versucht er Anna doch noch dazu zu bringen, eine Anzeige zu machen.

Bei einer Gegenüberstellung möglicher Verdächtiger verhält sie sich aber sehr merkwürdig und Boerne ist davon überzeugt, dass die Frau an einer Psychose leidet und sich die Dinge nur ausdenkt. Das bringt Anna aus der Fassung und macht Thiel wütend, aber zu einem Ergebnis kommt es nicht.

Thiel bleibt hartnäckig, obwohl das Anna nur noch mehr durcheinander bringt. Schließlich lässt er sogar Sascha Kröger verhaften, der Anna eigentlich nur zufällig in einem Café angesprochen hat. Da verliert die Staatsanwältin die Geduld und lässt Thiel beurlauben. Doch als dieser bereits frustriert auf dem Weg nach Hamburg ist, erkennt Boerne, dass womöglich doch etwas an Thiels Vermutungen dran sein könnte.

von Jolli

Gastdarsteller

  • Thomas Dannemann
  • Katharina Lorenz
  • Arnd Klawitter
  • Jörg Pilawa


Jolli meint:

Eine Münster-Tatort Episode, die im Vergleich zu den anderen sehr aus der Reihe tanzt. Möglicherweise wollte man ein anderes Konzept testen, das aber meiner Meinung nach gründlich in die Hose gegangen ist. Statt dem üblichen trockenen Humor und den spaßhaften Sticheleien zwischen den Hauptcharakteren, spricht diese Folge ein sehr bedrückendes Thema an, was zu ungewohnt ernsthaften Auseinandersetzungen zwischen Thiel und Boerne führt.

Auch wenn es hart klingen mag, doch für gut zwei Dritte der Zeit übernimmt Boerne den Part eines unausstehlichen Arschlochs, der nicht einmal die Ängste einer traumatisierten Frau ernst nimmt und Thiels Sorgen fast ununterbrochen ins Lächerliche zieht.
Wenn man bedenkt, wie gut die beiden bisher miteinander zusammengearbeitet haben, ist es unverständlich zu sehen, wie wenig Unterstützung er Thiel liefert. Zwar wissen wir, dass Boerne sehr stur auf seinen Ansichten beharren kann, aber diese Blindheit gegenüber möglichen anderen Optionen ist doch sehr ungewöhnlich.
Ein Kontrast zwischen Thiel und Boerne bestand immer, doch ich habe nicht das Gefühl, dass diese Kluft bisher so groß war wie jetzt.

Man könnte ihn fast wirklich hassen, wenn er gegen Ende nicht doch noch die Kurve kriegen würde. Leider ist mir – obwohl ich die Folge schon mehrmals gesehen habe – noch immer nicht recht klar, was es mit der Szene in Boernes Wohnzimmer auf sich hat, die den markanten Wendepunkt in seiner Grundhaltung markiert und nach der er sich plötzlich entschließt, die DNA-Analyse des Kaugummis doch noch durchzuführen.
Tatsache ist, dass man ihm seine Schuldgefühle plötzlich sehr deutlich anmerkt, als ihm klar wird, dass Thiel von Anfang an Recht gehabt hat. Besonders als er die nachgemachten Schlüssel des Täters findet, kann man ihm seine Gedanken förmlich ansehen.

Die einzigen wirklich amüsanten Momente bieten Boernes Bemühungen, die Liebe seines Lebens über das Internet zu finden. Das hätte man dem sonst doch so charmanten Professor gar nicht zugetraut. Der Chat bietet zwar genug Möglichkeiten sich zu verstellen, er verlockt Boerne aber gleichzeitig dazu, sich ein kleines bißchen aus einem Schneckenhaus heraus zu trauen. Ist er wirklich so einsam, wie schreibt? Sogar der sonst so selbstsichere Boerne wirkt ganz schön nervös bei seinem Blind-Date, aber irgendwie ahnt der Zuschauer schon von vornherein, dass Alberich der ominöse Zaunkönig ist.
Einerseits ist die Enttäuschung auf beiden Seiten sehr groß, als die Wahrheit ans Licht kommt. Andererseits glaube ich, dass eine gewisse Zuneigung zwischen den beiden immer unterschwellig da ist. Die Tatort-Macher lassen es gerne mal ein bißchen knistern und diese Geschichte gibt mal wieder etwas mehr Feuer in dieser Frage.

Es ist stark anzunehmen, dass diese Episode eine Reaktion auf die häufige Kritik war, dass der Münster Tatort zu skurril und lächerlich wäre und man deshalb etwas mehr Ernst hineinstreuen wollte. Das verzerrt das ganze Konzept jedoch völlig und ist sicher die falsche Antwort. Der Humor ist es, der die Münsteraner so von den anderen Tatorten abhebt und der den Zuschauern gefällt. Dieses Konzept sollte man auf keinen Fall ändern!


Gabi meint:

Ein Münster-Tatort, wie er gerne öfter sein könnte, schon um all die Kritiker zu widerlegen, die meinen, Münster könne nur ‚Klamauk‘ (was sowieso nicht stimmt).

Stimmt, Boerne sitzt ganz schön auf dem hohen Ross in dieser Folge, aber geht es nicht eher um ‚Thiels Bauchgefühl gegen den Rest der Welt‘ ? Boerne ist nicht der einzige, der Thiels Zweifel nicht ernst nimmt, selbst Nadeshda versagt ihrem Chef die Loyalität, und so ganz unberechtigt ist das ja auch nicht: Keine greifbaren Indizien, Anna Schäfer arbeitet nicht richtig mit und nimmt Tranquilizer, Thiel hat sichtlich eine Zuneigung zu ihr entwickelt, das alles spricht nicht gerade für seine Fremdtäter-Theorie. Schön, Boerne müsste nicht gleich eine Psychose unterstellen; seine ‚Unherzlichkeit‘ ist aber eher professionelle Distanz, die Thiel hier offenbar nicht einhalten kann. Und was Boernes Verhalten gegenüber Thiel betrifft: der kann das in anderen Folgen Boerne gegenüber genau so gut.

So haben wir hier einen nahezu klassischen Kommissar-Krimi, der meiner Meinung nach gelungen ist und die übliche Dynamik zwischen den beiden in einer reduzierten, aber glaubhaften Variante zeigt.

Nicht glaubhaft ist dagegen, dass Alberich bei den Stichworten ‚Tristan, Connaisseur, Bonvivant und Filou‘ kein Verdacht gekommen sein soll ;) – gehts noch überdeutlicher? :) Interessant auch die Frage, ob Boernes ‚Ozean der Einsamkeit‘ wirklich nur ein Köder war. Er macht sich mit dieser kitschigen Formulierung über sich selbst lustig und macht sich vor, eine ironische Distanz zu haben, aber dahinter verbirgt sich mehr als nur ein Körnchen Wahrheit. Die Methode, Wahrheiten hinter Spott zu verbergen, kannten schließlich schon die mittelalterlichen Hofnarren.

Was die mangelnde fast-karikierende Überspitzung betrifft: die wirkt immer am besten, wenn sie wohl dosiert ist, und daher ist so eine Folge zwischendurch gut.


Links:


5 Kommentare zu “Tatort – ‚Wolfsstunde‘ (2008)

  1. Kann es sein, dass sich ein Bild aus „Satisfaktion“ in die Bildergalerie geschummelt hat? ;) Das erste sieht mir so aus, aufgrund Boernes Bartes und Thiels Frisur.

    • Also, wir haben alle Bilder von der ARD übernommen, von daher sollte man im ersten Moment denken, das muss doch alles stimmen. Aber: das Bild, das kein Szenenfoto ist, sieht mir auch so aus. Der Schlips passt zu Satisfaktion und der Bart wiekt nicht echt. Ich habe es gelöscht.

  2. Für mich ist dieser Tatort Mittelmaß. Jolli, Du hast vollkommen recht. Man ist von Boerne fast abgestossen. Er zeigt keine Empathie, rein gar nichts (was ich in Spargelzeit fast schon ein wenig überzogen fand. Da wurde es ein wenig sehr dick aufgetragen). Verstärkt wird das ganze dadurch, dass Thiel und das attraktive Opfer eine Basis zueinander finden, die Boerne auch noch falsch interpretiert. Er ist eifersüchtig, neidisch und versteht nicht, dass es nicht nur auf Optik, Geld, und Studienabschluss ankommt, was Frauen an Männern anzieht. Thiel verhält sich der Frau gegenüber sympathisch und empathisch, was ihn absolut liebenswert macht. Thiel ist stur, aber hat das, was Boerne oft fehlt, nämlich den Instinkt. Nadeshda zeigt sich nicht loyal. Ds sieht man auch bei Der Hammer. Wenn es hart auf hart kommt, ist sie nicht unbedingt der sichere Faktor an Thiels Seite. Da hat Boerne mit Alberich sicherlich die bessere Assistentin. Ich glaube allerdings nicht, dass es wirklich gewollt ist, dass die beiden auf einer minimal erotischen Basis eine Beziehung führen. Aus meiner Sicht ist es eine sehr tiefe Freundschaft, was viel wichtiger und intensiver ist als eine erotische Beziehung. Die beiden verstehen sich und wissen, wie sie dem anderen helfen können sich zu entwickeln. Das Chatten fand ich interessant. Ich finde übrigens nicht, dass der Professor normalerweise charmant ist. Ihm fehlt Menschenkenntnis. Für ihn ist das Chatten ein erster Weg einen Menschen wirklich kennen zu lernen, bzw. sich selbst darzustellen, wie er wirklich ist. Die Einsamkeit kaufe ich ihm absolut ab. Er hat viele Bekannte, aber (ausser Thiel und Alberich) keine wirklichen Freunde. Er ist in vielen Vorständen, etc., aber ich denke die meisten mögen ihn nicht wirklich. Ich stimme Gabi zu. Das Chatten war ein wenig zu dick aufgetragen. Alberich hätte es merken müssen. Die Szene im Restaurant als beide sich treffen fand ich ebenfalls nicht gut gemacht. Natürlich war es dem Professor peinlich, aber seine Reaktion auf Alberichs Angebot sich einen schönen Abend zu machen, hätte lockerer ausfallen müssen. Das hätte das Bild vom Anfang dieses Tatort von ihm ein wenig gelockert. Dass er nicht zugeben kann, dass Thiel Recht hatte und er nicht, ist normal. Das ist sein Charakter. Liebenswert fand ich allerdings und auch gut gemacht, die Schluss Szenen. Thiel steht alleine da, als das Auto weg fährt. Boerne stellt sich hinter ihn. Oder die Fahrt nach hause. Boernes sympathischer Versuch, sich indirekt zu entschuldigen, Thiel in ein Gespräch zu locken. Thiels Lächeln zeigt, dass er genau der ist, der er ist. Thiel ist ein guter Typ.

    • Für mich wäre Wolfsstunde ein sehr guter Krimi, wenn Boerne nicht so fies wäre und mehr an Thiels Seite stünde.
      Aber was auch Jolli schreibt: diese Szene, in der Boerne von seinem Sofa aufsteht und irgendwie Stereoanlage und Lautsprecher auf dem Kieker hat – wie kommt er dazu, danach in die Rechtsmedizin zu fahren? Was hab ich da verpasst?? Bzw was wurde alles rausgeschnitten… er schüttelt seinen Schirm ab, es muss also regnen. Aber Thiel steht eindeutig im Trockenen am Bahnsteig. Keine Ahnung, was man uns da alles geklaut hat, aber es hat der Geschichte nicht gutgetan.

      • Stimmt. Diese Szene erschließt sich mir auch nicht. Was sieht oder hört er da, was ihn zu dem Schluss kommen lässt in die Rechtsmedizin zu fahren. Du könntest absolut recht haben. Vielleicht beim Schneiden etwas verschnitten. Richtig. Der Tatort wäre aus dem Mittelmaß deutlich raus, wenn das negative Boerne Bild nicht gezeichnet worden wäre. Bei Spargelzeit konnte er Empathie zeigen. Hier nicht. Das extrem negative Element Boerne war ein absoluter Fehler.

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