Jan Josef Liefers

Die offizielle Fanseite


Ein Kommentar

Tatort – ‚Fakten, Fakten‘ (2002)

Inhalt

Tatort Fakten Fakten (3)Eigentlich hat sich Bernhard Dreiden ein gemütliches Wochenende mit seinen beiden Kindern erhofft, die sonst bei seiner geschiedenen Frau Agatha leben, doch die beiden sind längst von ihrem Vater entfremdet und schließen sich in ihrem Zimmer ein. Die Lage verbessert sich nicht gerade, als ausgerechnet vor seinem Haus ein Mord geschieht und es sich bei dem Opfer auch noch um den krankhaft eifersüchtigen Freund von Juliane Kraft handelt, mit der Dreiden einst ein Verhältnis hatte.

Für Thiel spricht alles dafür, dass es sich bei Dreiden um den Täter handeln muss, doch Boerne weigert sich strikt diese Anschuldigung zu akzeptieren, denn Dreiden ist ein alter Studienfreund von ihm, dem er eine solche Tat einfach nicht zutraut. Hartnäckig versucht der Rechtsmediziner Hinweise zu finden, die Dreidens Unschuld beweisen, auch wenn alle Fakten gegen den Mann sprechen, vor allem, als auch noch die Tatwaffe in seinem Haus gefunden wird.

Die beiden Kinder scheinen etwas gesehen zu haben, schweigen jedoch. Thiel ermittelt auch im unmittelbaren Umfeld des Opfers und macht dabei Bekanntschaft mit der attraktiven Juliane Kraft und ihrem liebenswerten Sohn Max. Je länger der Hauptkommissar nachforscht, desto klarer wird auch ihm, dass Dreiden womöglich nur das Bauernopfer ist, dem der Mord in die Schuhe geschoben werden soll. Vielmehr erweckt nun Julianes Exmann und dessen Mutter seinen Verdacht. Thiel wittert ein Familiengeheimnis, das er zu lüften versucht.

Und er muss sich beeilen, denn plötzlich verschwindet auch Juliane spurlos. Ist sie ebenfalls einem Verbrechen zum Opfer gefallen? Thiel kümmert sich um den kleinen Max und durch ihn erhält er auch endlich die Möglichkeit, Dreidens Kinder zu einer Aussage zu bewegen, die ein ganz neues Licht auf den Fall wirft.

von Jolli

Gastdarsteller

  • Oliver Stritzel
  • April Hailer
  • Michael Schiller
  • Vasiliki Roussi
  • Gudrun Ritter
  • Gertrud Roll
  • Martin Kurz
  • Oliver Bokern
  • Thomas Kylau


Gabi meint:

Gleich zu Beginn erhält Boerne einen riesigen häßlichen Pokal: Er hat in seinem Club ein Springreiten gewonnen (Awesome Skill No. 1 – wir sollten eine Liste machen). Die Szene dient zur Verdeutlichung, dass er sich auf dem gesellschaftlichen Parkett zu Hause fühlt (im Gegensatz zu Thiel), und für die Episode stellt sie den Bezug zum Hauptverdächtigen Professor Dreiden her, der demselben Club angehört und seit Jahren mit Boerne befreundet ist. Ich bin mir nicht ganz sicher, ob Boerne seinem Freund nicht geholfen hätte, seine Kleider verschwinden zu lassen, um eventuelle belastende Spuren zu beseitigen – aber Thiel ist dabei, damit ist das keine Option, stattdessen konzentriert Boerne sich darauf, Beweise zur Entlastung Dreidens zu finden.

Boerne darf in dieser Folge ausgiebig mit seinen fachlichen Fähigkeiten glänzen. Seine anschauliche Demonstration des wahrscheinlichen Tathergangs ist recht unterhaltsam, und er trägt schließlich entscheidend zur Lösung des Falles bei.

Was mir nicht so ganz klar ist: wieso eigentlich verdreht jeder unweigerlich die Augen, sobald Boerne den Mund aufmacht oder auch nur einen Raum betritt? Seine Art ist manchnal etwas übereifrig, aber was er sagt, hat Hand und Fuß. Natürlich ist es für Thiel anstrengend, Boerne quasi rund um die Uhr ausgeliefert zu sein, aber andererseits sollte er ihn doch gerade deshalb besser kennen. Nun, Vorurteile leben lang, doch im Lauf der Folge kommt es tatsächlich zu einer fruchtbaren Zusammenarbeit der beiden Antagonisten. Zusammen Wäsche waschen verbindet.


Jolli meint:

Im Vergleich zur Pilotfolge rutscht diese Episode leicht ab. Humor und schlagfertige Dialoge sind auch hier inbegriffen, allerdings sagt mir der Plot nicht ganz zu. Trotz ausgiebiger Ermittlungen kristallisiert sich relativ schnell heraus, was mit Juliane geschehen ist und wer der Mörder ist. Wirklich süß ist aber natürlich der kleine Max, der vermutlich dazu da war, die Seite der fürsorglichen Vaterfigur bei Thiel zu wecken.

Boernes problematische Lage in dieser Folge ist vermutlich ein weiterer Schritt, seine generelle Konfliktsituation zwischen alten Bekanntschaften und dem Arm des Gesetzes hervorzuheben. Dass er vollkommen in diesen elitären Lebensstil integriert ist, zeigt bereits die Siegerehrung am Anfang der Episode. Dass dann auch noch ausgerechnet der Hauptverdächtige ein alter Freund ist, macht es für ihn nicht einfach, objektiv an den Fall heranzugehen.
Aber es bietet auch die Möglichkeit zu zeigen, dass Boernes Wort nicht als in Stein gemeißelt von allen sofort akzeptiert wird, sondern dass durchaus der sonst so integrierte Rechtsmediziner um seine Anerkennung kämpfen muss.

Nun kann er beweisen, was er an Fachwissen alles drauf hat und wie weit diese Kompetenz reicht, muss Thiel schlussendlich auch erkennen. Es ist klar, dass gerade in dieser Anfangsphase das Vertrauensverhältnis zwischen den beiden Hauptcharakteren erst noch aufgebaut werden muss. Die Szene im Waschkeller trägt auf ihre Weise wohl irgendwie dazu bei. Vor allem aber gefällt mir die kurz darauf folgende Szene in der Turnhalle, in der Boerne Thiels Arbeit vor der Staatsanwältin verteidigt.
Klemm: „Seit wann ist er Ihr Anwalt? Haben Sie zusammen eine Leiche vergraben?“
Thiel: „Wir haben zusammen Wäsche gewaschen.“
Das sagt doch irgendwie alles.
Und dass trotz der ständigen Konflikte auch Boerne erkennt, wie wichtig die Zusammenarbeit mit Thiel ist, wird in einer letzten Szenen sehr deutlich. Statt wie zu erwarten war, die Lorbeeren ganz für sich zu beanspruchen entgegnet er auf Klemms Frage: „Wir betrachten uns eigentlich eher als ein Team. Da ist einer nichts ohne den anderen.“
Ein Satz, der eigentlich noch für alle zukünftigen Münster Tatorte zentral sein wird.

Insgesamt also eine wichtige Episode für die Charakterzeichnung, doch der Fall an sich ist doch eher etwas lasch.