Ein Gastkonzertbericht von Kathrin aus Berlin. Danke!
Berlin, Berlin! Jan Josef in Berlin, endlich! Ich sprang beim Anblick der neuen Tourdaten von Oblivion vor Freude quietschend von der Couch hoch, denn darauf hatte ich schon seit Monaten gehofft.
Ich muss dazu sagen, dass ich Jan als Musiker bis vor kurzem zu meiner Schande fast nicht wahrgenommen hatte. Im Alter von ca. 13 Jahren habe ich ihn zwar das erste Mal als Schauspieler auf dem Bildschirm erblickt, bald zu meinen Lieblingen dieser Zunft gezählt und von der ersten Folge an auch jeden Münsteraner „Tatort“ mit Begeisterung verfolgt, aber dass er inzwischen drei CDs veröffentlicht hatte, ist komplett an mir vorübergegangen.
Erst nach kürzlicher Lektüre seines Buchs „Soundtrack meiner Kindheit“, das ich sehr gern mochte, begann ich, mich auch mit seiner Musik zu beschäftigen.
Ein paar Monate später…
Voller Vorfreude und Spannung vor dem Postbahnhof angekommen sichte ich erst mal die Lage: eine mittelgroße Schlange hat sich vor dem roten Backsteinbau, einem wie ich finde sehr schönen Veranstaltungsort für Konzerte, angesammelt und der Einlass ist bereits in vollem Gange. Ich bin relativ pünktlich vor Ort und kann mir einen guten Platz in der vierten bis fünften Reihe des bis zu Konzertbeginn gut gefüllten Saals sichern.
Ein erster Blick auf das Bühnenbild: Ja, das große „Radio Doria“-Logo gefällt mir, sowie ich generell die Idee mag, das Konzert unter dem Motto eines eigens dafür erdachten kleinen Radiosenders laufen zu lassen.
Kurz nach acht geht es dann schon los, die Bandmitglieder von Oblivion kommen auf die Bühne und spielen ein die Vorfreude noch steigerndes Intro. Sehr schön, die Musik wird mir gefallen, denke ich.
Endlich kommt Jan auf die Bühne, geht ans Mikro und stimmt den ersten Song an. Oh ja, jetzt bin ich sicher, es wird mir definitiv gefallen!
Er trägt ein schwarzes Sakko zu einem insgesamt dunklen Outfit, nur der Gürtel mit großer silberner Schnalle fällt ins Auge. Des Sakkos wird er sich später noch entledigen und das daraus resultierende Raunen im Publikum mit dem leicht resignierten Satz: „Vor zehn Jahren war da mehr los…“ kommentieren.
Der Boerne-Bart für die anstehenden Dreharbeiten des nächsten Münster-„Tatorts“ ist bereits erkennbar und ja, ein Glück, seine Haare sind wieder etwas länger, noch recht ordentlich, aber sie werden im weiteren Verlauf des Abends immer weiter von ihm verstrubbelt, was in meinen Augen dann doch ein netterer Anblick ist als der „Unter den Rasenmäher gekommen“-Look. Naja, jedenfalls schaue ich ihn so nicht nur gern an, im Moment höre ich ihm vor allem gern zu!
Wow, das macht echt Freude! Dass ich seine Stimme und seine Art zu singen mag, wusste ich ja schon, aber dass mir die Musik so gefallen würde, war mir noch nicht klar gewesen. Ich hätte nicht erwartet, dass es so rockig wird. Die Band ist toll und treibt die Songs mit viel Energie und Spielfreude voran. Und die strahlt auch Jan aus, ihm macht das sichtlich Spaß, was er da auf der Bühne treibt und dem Publikum auch. Ich sehe im Allgemeinen Künstler am liebsten, denen man anmerkt, dass ihnen ihr Tun Freude bereitet. Ich finde, das überträgt sich einfach und heute Abend bin ich von Jan und seinen Mitstreitern sofort angesteckt.
Ich mag, wie er sich auf der Bühne bewegt, wie selbstverständlich und ganz in seinem Element er dort Musiker ist, wie natürlich und gut aufgelegt er ist, wie er mit dem Publikum scherzt und wie vertraut er und die Musiker wirken, die er um sich geschart hat. Allesamt Könner in ihrem Fach soweit ich das beurteilen kann. Vor allem gefällt mir, dass sie alle zusammen wie eine eingespielte Band wirken. Man merkt ihnen an, dass sie schon eine Weile gemeinsam musizieren.
Die neuen Songs gefallen mir ausgenommen gut und so sehr ich die rockigen, schnelleren Nummern mag, denn die sind genau mein Fall, es sind doch die ruhigen Balladen, die es mir letztendlich besonders antun.
Sehr gefreut hatte ich mich auf das Stück „Sehnsucht Nr. 7“, wobei mir der Titel selbst zu dem Zeitpunkt noch nicht bekannt war. Doch ich trällerte schon seit Wochen „Schwarzer Tee statt rotem Wein…“ vor mich hin, nachdem ich das entsprechende Youtube-Video bis zum Gehtnichtmehr rauf und runter gespielt hatte.
Das besondere an dem Song an diesem Abend ist, dass die anderen Musiker die Bühne verlassen und Jan diesen Titel allein spielt. Er begleitet sich selbst auf der Gitarre und – Überraschung für mich – an der Mundharmonika, was mich besonders freut. Jedenfalls ist das Lied klasse und trotz des eher melancholischen Themas fröhlich und ein echter Ohrwurm. Außerdem animiert Jan das Publikum zum Mitsingen des „Ohohoh“-Refrains und wir wissen ja: Nichts ist so schön wie ein gemeinsam gesungenes Lied. Aber dazu später mehr…
Neben der Musik, die mich direkt überzeugt hat, zeichnen sich die Songs von Oblivion auch durch ihre Texte aus. Da lohnt sich das Zuhören und ich bin froh, dass die Band sich mittlerweile für deutsch Gesungenes entschieden hat. Das Spiel mit der Sprache und der Umgang mit Worten ist besonders und funktioniert für mich richtig gut. Textzeilen wie besagtes „Schwarzer Tee statt rotem Wein, ich kann auch ohne Alkohol traurig sein“ bleiben einem im Gedächtnis.
Die Übergänge zwischen den Songs füllt Jan charmant und lustig mit Geschichten und Plaudereien mit dem Publikum aus. Er erzählt amüsante Anekdoten – besonders die von seinem Gitarrenlehrer ist herrlich -, spielt stolz einen extra für das Programm angefertigten Jingle des fiktiven Radiosenders „Radio Doria“ und sucht nach guten Nachrichten in der Zeitung, wo er ganz „zufällig“ auf ein Interview mit seiner Liebsten Anna Loos stößt, die sich über seine mangelnde Begeisterung am Müllraustragen auslässt.
Als er erzählt, dass er dieses Jahr 50 wird, hält er im Publikum Ausschau nach Gleichaltrigen, denn laut Statistik müssten schließlich mindestens 10 Personen des Babyboomer-Jahrgangs 1964 anwesend sein, der Geburtenstärkste überhaupt.
Das Programm ist nicht nur musikalisch große Klasse, sondern auch sehr unterhaltsam und rundherum gelungen. Allein der Auftritt einer Ballett-Tänzerin, die mitten im Konzert zu einem von Jan rezitierten und musikalisch von der Band untermalten Gedicht tanzt, unterbricht meiner Meinung nach ein wenig den Fluss des Abends. Nichts gegen die Kunst der Tänzerin als solches, aber ich hätte diesen Part nicht unbedingt gebraucht, wenn ich ganz ehrlich bin. Allerdings bin ich auch eine Banausin, was Derartiges betrifft, anderen sagt das vielleicht mehr.
Als Jan sich nach dem Ende eines Lieds suchend im Saal umsieht und bekanntgibt, dass heute Abend ein Freund anwesend sei und dieser nun auch mit ihm singen müsse, sage ich in Gedanken in froher Hoffnung folgendes Mantra vor mich hin: „Axelprahlaxelprahlaxelprahl…“ Und tatsächlich, juhu, er ist es!
Axel Prahl kommt zu Jan auf die Bühne und die beiden begrüßen sich herzlich mit Umarmung und Küsschen. Er übernimmt Jans Gitarre und beschwert sich erst einmal bei ihm, er habe diese wohl bereits (Zitat:) „gestimmt gekauft“. Nach einigen Bemühungen seinerseits, begleitet von Jans Beteuerung, bis eben sei sie noch gut gestimmt gewesen, legt Axel Prahl dann los und geht gleich in die Vollen. Er setzt, unterstützt von Jan, direkt zu seinem wunderbaren Mitsing-Song „Nichts ist so schön wie ein gemeinsam gesungenes Lied“ an und hat das Publikum sofort im Griff.
Allerdings haben wir etwas Schwierigkeiten, uns mit den beiden abzustimmen, was das Timing angeht und nach dem Ende des Songs, amüsiert sich Axel Prahl darüber mit den Worten, man könne das Lied durchaus auch als Kanon singen, aber das würden wir dann doch lieber ein andermal machen…
Offenbar hat er aber noch keine Lust, schon wieder aufzuhören, er wirkt sehr gut gelaunt oder wie Jan es andeutet, möglicherweise auch schon etwas angeheitert und schenkt uns noch das von ihm immer gern gesungene „Summertime“, bevor er unter Jubel die Bühne wieder verlässt.
Abschließend sagt Jan etwas wie, es sei wohl der Fall, dass immer, wenn die beiden so zusammenträfen auch ein paar Gläschen im Spiel seien. Oder so ähnlich.
Jedenfalls wirken die beiden nicht nur sehr beschwingt, sondern wie zwei Freunde, die sich freuen, einander zu sehen und gemeinsam Musik zu machen und der kleine Gastauftritt ist noch ein zusätzliches Highlight des wunderschönen Konzerts.
Als der Abend sich dem Ende zuneigt, bin ich schon restlos begeistert. In einem Artikel habe ich mal folgendes Zitat von Jan gelesen: „Ein gutes Konzert ist der direkteste Weg in die Herzen der Menschen.“
Dazu kann ich nur sagen: Bei mir sind die Jungs an diesem Abend definitiv dort angekommen!
Obwohl mein abschließendes Urteil zum Konzert wohl eigentlich lauten müsste: Naja, jut, da kann man nich‘ meckern… Das sei nämlich laut Jan das größte Lob, das man aus dem Munde eines Berliners erhalten könne ;-)
Dann folgt noch eine letzte Zugabe in Form des Stücks „Kleine Kreise“, es soll mein Lieblingslied dieses Programms werden.
Als Jan dann auch noch während des Songs von der Bühne steigt, durch die Publikumsreihen geht und zum Abschied Hände schüttelt, bildet dieser stille, wehmütige Song einen bittersüßen Abschluss des Konzerts, der mich ganz glückselig zurücklässt und mir ein leises Lächeln auf die Lippen zaubert.
Der melancholische Text und die wunderschöne Melodie berühren mich gleichermaßen und erzeugen zusammen mit der Geste des persönlichen Verabschiedens ein Gefühl der Verbundenheit zwischen Zuschauern und Künstlern, gemeinsam etwas Schönes erlebt zu haben, das nun zu Ende geht.
Ich werde auch danach noch für einige Zeit auf Wolken schweben und feststellen, dass es eines dieser Konzerte war, die mich auch im Nachhinein weiter mit Freude erfüllen. Es bleibt die Erinnerung an einen großartigen Abend und der Wunsch: Nochmal, bitte!!!!!
PS: Hat jemand vielleicht ein Foto von Jan an der Mundharmonika? Ich steh‘ drauf, nicht nur akustisch, auch optisch, echt jetzt…!
PPS: Jippie, habe grad den neuen Konzerttermin im Dezember in Berlin entdeckt. Columbiahalle, ich komme!